Klassenbuch by von Düffel John

Klassenbuch by von Düffel John

Autor:von Düffel, John [von Düffel, John]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783832189440
Herausgeber: Dumont
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Dreyer, Emily Henriette

An: [email protected]

Betreff: Danke

Liebe alle,

herzlichen Dank für eure Gemeinschaftsmail, die Clips und Cards zur Genesung. (@ Lenny: Dein Video war gewohnt idiotisch, aber danke trotzdem, auch Dir, Henk, für die Verbreitung.) Besonders bedanken möchte ich mich für eure Unterstützung im Kampf gegen Topf-Fit-Catering. Sicher ist die Sache außer Kontrolle geraten, sonst wäre ich nicht hier gelandet. Aber für meine Motivation, wieder gesund zu werden (oder »fit«, haha), ist es gut zu wissen, dass mein Einsatz nicht ganz sinnlos war. Und noch ein Trost: Das Essen ist hier besser!

Ich danke euch auch für eure Rücksicht und Zurückhaltung (@ Lenny: Du bist nicht gemeint), weil es mir leider immer noch nicht gut genug geht, um Besuch zu empfangen. Die Ärzte meinten, es würde mich zu sehr aufregen, was mich aufregt, aber offenbar ist das im Rahmen.

Darf ich euch trotzdem darum bitten, nicht länger zu streuen, ich würde wegen Magersucht behandelt und künstlich ernährt? Eine weise Lady hat zwar mal gesagt, das oberste Prinzip einer guten PR laute: Gerüchte werden nicht kommentiert. (Ich glaube, es war Senta Berger oder die Queen, jedenfalls jemand, der weniger als zwei Stunden täglich im Netz ist.) Doch eins würde ich gerne richtigstellen: Auf den Bildern, die ich von mir gepostet habe, ist ein Tropf zu sehen. Das gehört zur Grundausstattung einer jeden Arztserie und heißt noch lange nicht, dass man mir intravenös Fleischbrühe verabreicht oder mich mit Schlagsahne zwangsernährt. Also wartet bitte, bis ich zurück bin, dann erzähle ich euch die ganze Geschichte – beim Essen, wenn’s sein muss.

Das neben mir ist übrigens der Assistenzarzt, süß, nicht? (@ Jungs: Absatz bitte überspringen!) Und er ist sogar noch der am wenigsten Süße von den dreien. Die anderen beiden sehen so verboten gut aus und haben dermaßen volles Haar, dass es kein Zufall sein kann. Offenbar ist dichter Haarwuchs ein Einstellungskriterium bei Kliniken wie dieser, um den Patientinnen das Gefühl zu geben, sie schauen zu höheren Wesen auf. Es liegt also nicht nur an den weißen Kitteln. Bei Männern mit solchen Schöpfen kriegt frau tatsächlich religiöse Anwandlungen, gerade wenn ihr selbst die Haare büschelweise ausfallen und sie morgens ganze Dreadlocks aus dem Abfluss zieht, damit das Duschwasser abläuft.

Aber bitte: Nicht, dass es nachher heißt, ich würde eine Chemo bekommen! Ich habe keinen Krebs, ich bin nur ein bisschen ausgebrannt. Das in dem Tropf ist reine Kochsalzlösung. Wenn ich mit dieser Mail fertig bin, schicke ich euch ein Selfie mit Beutel auf WhatsApp.

Der Chefarzt ist übrigens eine Enttäuschung, optisch gesehen. In meiner persönlichen Hitliste belegt er mit Abstand den letzten Platz, aber vermutlich ist er genau deshalb der Chef: ein kahler, irgendwie zierlicher Mann, der aussieht wie dieser französische Komiker, über den unsere Eltern gelacht haben, als sie noch klein waren (»Meintest Du Louis de Funès?«, fragt Google). Er wirkt nicht nur älter, sondern wie jemand, den es außerhalb der Serie gar nicht gibt. Jedenfalls gilt es als Chefarztbehandlung, wenn er über Video zugeschaltet wird und einen Drei-Minuten-Dialog mit seinen Patientinnen simuliert. Aber sagt das nicht meinem Vater, der den Spaß hier bezahlt.



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